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Landleben - Eine Liebeserklärung #meinlebenisteinbauernhof

Der erste Beitrag der #meinlebenisteinbauernhof - Reihe stammt von Karl, dem Besitzer und Betreiber der KaSa Pöllmann im idyllischen Trautenberg in der Oberpfalz. Er hat eine wunderbare Liebeserklärung an das Landleben verfasst. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und danke Karl für seine Bereitschaft und seine schönen Worte!


Kindheit und Jugend - Ein Rückblick


Leben auf dem Land, da bin ich Experte. Aufgewachsen bin ich in Trautenberg, einem kleinen Weiler in der nördlichen Oberpfalz. Für mich war das ein Paradies. Der Bach ist gleich vor der Tür, es gibt tausend Möglichkeiten in der Natur und den alten Gebäuden zu spielen. Zwar waren keine gleichaltrigen Kinder zum Spielen in unmittelbarer Nähe. Machte aber nichts, denn ich konnte bei der Bäuerin Milch holen. In ihrer Küche war immer was los, da saßen die Männer in der Küche, tranken Bier und erzählten sich Geschichten. Auch in unserer kleinen Pension war immer etwas los.


Karl mit seinem Fahrrad

Die Abgeschiedenheit brachte es mit sich, dass ich sehr früh Fahrradfahren gelernt habe und die Gegend erkunden konnte. Schon mit fünf Jahren durfte ich meine Großeltern und meinen Onkel im übernächsten Dorf allein besuchen. Die hatten einen Gasthof und eine Metzgerei. Bei meinem Onkel durfte ich in der Metzgerei wirklich helfen. Das heißt, Blut schlagen für die Blutwürste, den Wolf befüllen oder Bayrischen Leberkäse vor dem Backen statt mit dem üblichen Rautenmuster mit meinen Kunstwerken verzieren. Das war besser als jedes Fernsehen!


Ich habe nicht sehr viele Verbote gehabt, konnte mich tagsüber frei bewegen und so viel ausprobieren. Wir hatten eine alte, stillgelegte Fabrik und eine große Werkstatt und nicht zu vergessen ein kleines Wasserkraftwerk, die Turbine, die immer noch meine Leidenschaft ist. Eine herrliche Freiheit, die wohl nicht mehr viel Kinder heute erleben. Als Jugendlicher habe ich es allerdings manchmal verflucht, so weit ab von Schuss zu sein, hingegen geliebt, dass ich bei mir zu Hause die coolsten Partys schmeißen konnte, weil der Platz da war und wir niemanden stören konnten.


Umzug in die Stadt und Familiengründung


Die Zeit von Studium, Familiengründung und Arbeitsleben habe ich in verschiedenen mittelgroßen Städten verbracht. Da habe ich die Annehmlichkeiten, die die Stadt einem bietet, natürlich auch zu schätzen gewusst. Wir waren aber an vielen Wochenenden in Trautenberg und haben zahlreiche Urlaube dort verbracht, weil meine Mutter und die alten Gebäude Hilfe brauchten und wir es liebten, dort zu sein. Auch meine Kinder genossen die Freiheit. Sobald es ging, halfen sie uns beim Werkeln und lernten so früh den Umgang mit Werkzeug. Es gab Arbeiten, die waren beliebt, wie Rasentraktorfahren oder Holzspalten und andere, wie Betonieren, nicht so sehr. Durch das Mithelfen lernten sie, dass man vieles selbst machen kann. So kamen Sie auch auf die Idee, sich selbst ein Spielhaus zu bauen. Das gibt viel Selbstvertrauen mit auf den Weg.


Nun lebe ich seit über einem Jahr wieder mit meinem Sohn und seiner Familie und meinem Schwiegervater dort. Und was soll ich sagen, ich liebe es – auch wenn es bedeutet, dass ich meine Frau und jüngste Tochter nur am Wochenende sehe.


Was ist denn nun so toll am Landleben?


Zunächst lebt man viel unmittelbarer in und mit der Natur. Sie beginnt gleich vor der Tür und nimmt einen in jede Jahreszeit sofort mit. Wenn ich morgens rausgehe, kann es passieren, dass ich mehr oder weniger über einen Biber stolpere oder den blauen Blitz, den Eisvogel beobachten kann.


Biber im Gewässer

Auch das Zusammenleben mit Tieren gestaltet sich viel einfacher. Im Moment leben in Trautenberg zwar nur Katz und Hund, das soll sich aber noch ändern.


Natur kann man in der Stadt natürlich auch haben, wenn man nah an einem Park lebt. Bloß für viel mehr Geld. Und da sind wir schon beim zweiten Vorteil: Man hat einfach viel mehr Platz zum Leben. Seit ich wieder auf dem Land lebe, brauche ich auch viel weniger Dinge. Die Kleidung sollte vor allem funktional sein. Weil es hier immer Arbeit gibt, komme ich gar nicht auf den Gedanken, mir etwas zu kaufen, um mich besser zu fühlen. Sicherlich möchte ich auch mein Zuhause gemütlich haben, allein dafür bedarf es aber nicht viel. Es gibt hier mehr zu tun, als in einer Wohnung oder einem Haus in der Stadt. Meinem Leben gibt das eine Richtung und mir ist nie langweilig.


Was Zusammenhalt bedeutet


Das Wichtigste aber ist: der Zusammenhalt! Auf dem Land ist es nicht wichtig, ob man das neuste Auto fährt, das hippste Essen kochen kann oder die schicksten Sachen trägt. Das interessiert hier niemanden. Wichtig ist, ob Du dem Nachbarn hilfst, wenn eine Hand zum Tragen fehlt, ob Du im Dorfladen kaufst, um die Gemeinschaft zu unterstützen, ob Du für Deine Familie und die anderen da bist. Das liebe ich so sehr und mich stört es auch nicht, dass jeder jeden kennt. Im Gegenteil, jeder gehört dazu, auch wenn er die eine oder andere Macke hat, denn die hat ja jeder. Hier versinkt keiner in der Anonymität und das ist für mich ein großer Gewinn.

Ich bin ja auch nicht der Einzige, dem dies gefällt. Neben meinem Schwiegervater hat die Oberpfalz auch einige ehemalige Gäste meiner Mutter in ihren Bann gezogen und nicht mehr losgelassen, sodass sie hierher gezogen sind. Als Zugezogener braucht man, zugegebenermaßen, vielleicht etwas Engagement, um den Weg in die Dorfgemeinschaft zu finden, die einen dann - nach einiger Zeit des Beschnupperns - mit offenen Armen aufnimmt. Wir sind ja froh, wenn der Landflucht etwas entgegengesetzt wird.

Hier lernt man, mit den verschiedensten Menschen auszukommen. Auch Ältere und Junge arbeiten mehr zusammen. Mehrere Generationen unter einem Dach, wie auch in Trautenberg, sind keine Seltenheit. Für mich die beste Lebensform überhaupt, weil alle davon profitieren. Die Älteren, weil sie noch Ansprache haben und gefordert werden, die Jungen, weil sie Unterstützung bei den Kindern haben und die ganz Jungen, weil die Großeltern eh die Besten sind. Natürlich geht das nicht ohne Reibereien, aber die gehören dazu und vertiefen die Beziehung.

Nur wegen dieser Gemeinschaft kann ich unsere Bauvorhaben durchführen, denn immer kennt jemand einen anderen, der mir helfen kann. Sei es mit einem Gerüst, einer Adresse oder was auch immer. Das tausche ich gerne ein gegen die zahlreichen Möglichkeiten des Stadtlebens.


Und sollte es tatsächlich einmal vorkommen, dass ich Lust auf die Stadt bekomme, dann fahre ich eben hin. Das Leben auf dem Land erdet mich, macht mich zufrieden und gibt meinem Leben Sinn. Dafür bin ich sehr dankbar.


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